November 2024: Andachtsbrief von Frau Eva Nees


Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn.
(Ps 124,8)

Jeden Gottesdienst beginnen wir im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. In jedem Vater unser beten wir nach der Anrufung Gottes, dass sein Name geheiligt werde; und das zweite der 10 Gebote fordert uns auf, den Namen Gottes nicht zu entweihen (2 Mose 20,7). Bei uns, ganz in der Nähe, in Radeberg, ist die Stadtkirche dem Heiligen Namen Gottes geweiht. Wir sprechen so selbstverständlich vom Namen Gottes, aber was bedeutet er?

Schauen wir zuerst auf unsere Namen. Jeder von uns trägt einen Namen. Unsere Eltern haben ihn für uns ausgewählt. Vornamen werden aus verschiedenen Motiven ausgesucht. In der Generation meiner Großeltern war es noch üblich, einen Namen aus der Verwandtschaft weiter zu geben. Auch der Name des Kirchenpatrons oder der Taufpaten kam in Betracht. Manchmal wurde über Generationen hinweg der gleiche Vorname vergeben. Heute sind alte Namen wieder sehr beliebt.

In der Bibel haben Namen eine besondere Bedeutung. Abraham heißt übersetzt „Vater der Menge“, und Michael bedeutet „Wer ist wie Gott?“. Mose ist der Erste, der Gott nach seinem Namen fragt. Als er vor dem brennenden Dornbusch steht, offenbart sich ihm Gott als der Gott der Väter: „Ich bin der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs“ (2 Mose 3,6). Und Gott beauftragt den Mose, die Israeliten aus der Sklaverei in Ägypten herauszuführen. Mose schreckt davor zurück und sucht Ausreden: „Da werden sie mich fragen, wer hat dich gesandt? Wie heißt er? Was soll ich ihnen darauf antworten?“ (2 Mose 3,13). Jetzt nennt Gott dem Mose seinen Namen: „Ich bin der Ichbinda. Du sollst zu den Israeliten sagen: Der Ichbinda hat mich gesandt“ (2 Mose 3,14).

Dieser Name Gottes ist kein Rufname im gewohnten Sinn. Der Name „Ichbinda“ bedeutet, was er aussagt. Gott ist auch heute der Ichbinda für uns.

Das Judentum hat so großen Respekt vor dem Namen Gottes, dass es ihn nicht auszusprechen wagt. Es hat verschiedene Umschreibungen gefunden, die uns auch geläufig sind: Herr Zebaoth, Adonai, oder einfach „Der Ewige“.

Im vierten Buch Mose gibt Gott Aaron, dem Bruder des Mose, und seinen Söhnen den Auftrag, die Israeliten zu segnen. Gott umschreibt es so: „So sollen sie meinen Namen auf die Israeliten legen, und ich werde sie segnen“ (4 Mose 6,27). Auch über uns liegt wie ein Schleier oder wie eine Wolke der Name Gottes, d. h. die Gegenwart Gottes, wenn wir innig mit Gott verbunden sind. Schließen wir uns dem Gebet des Propheten Jeremia an: „Du bist in unserer Mitte, Herr, und dein Name ist über uns ausgerufen. Verlass uns nicht, Herr unser Gott“ (Jer 14,9).

Eine Stelle aus dem Propheten Hesekiel beeindruckt mich jedes mal tief, wenn sie vorgelesen wird. Die Israeliten hatten Gott nicht die Treue gehalten und sich Götzen zugewandt. Da spricht Gott die seltsam berührenden Worte: „Da tat mir mein heiliger Name leid, den das Haus Israel bei den Völkern entweihte … Meinen großen, bei den Völkern entweihten Namen … werde ich wieder heiligen“ (Hes 36,21-23). Und Gott bringt nicht Verderben über die Untreuen, sondern Reinigung und einen neuen Geist (Hes 36, 24-28). Sprechen diese Worte Gottes nicht genau in unsere Zeit?

Kommen wir noch einmal zu unseren Namen zurück. Die Namen, mit denen wir gerufen werden, werden einmal auf unserem Grabstein stehen, und unsere Nachkommen werden sich eine Zeitlang an uns erinnern. Aber was ist mit den vielen Toten, die kein Grab haben und deren Namen niemand mehr kennt? Gott der Herr hat auch zu ihnen gesagt: „Ich habe dich beim Namen gerufen. Du gehörst mir“ (Jes 43,1).

Mit dem November treten wir in den Monat des Totengedenkens ein. Viel wird uns da zugemutet: Allerheiligen/Allerseelen, Volkstrauertag, Totensonntag. Wir gehen aber auch einer „Zeitenwende“ entgegen, in der uns der Name Gottes neu aufleuchten wird: dem Advent. „Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen, sie wird einen Sohn gebären, und sie wird ihm den Namen Immanuel (Gott mit uns) geben“ schreibt der Prophet Jesaia (Jes 7,14).

Nicht alle mögen den November. Nebel und Dunkelheit nehmen zu und legen sich auf die Bronchien wie auf das Gemüt. Aber dabei bleibt es nicht. So wie starke Autoscheinwerfer den Nebel durchdringen, wird es nach und nach heller, bis wir wieder das Fest der Geburt unseres Herrn Jesus Christus feiern. Lassen wir uns vom Propheten Jesaia zurufen: „Auf, werde licht, Jerusalem, denn dein Licht kommt und die Herrlichkeit des Herrn geht strahlend auf über dir“ (Jes 60,1).

Dieser „Lichtblick“ möge uns trösten und helfen, die eigentümlichen Tage des Novembers mit all ihren Belastungen gut zu bestehen.

Eva Nees