Am Waldessaume träumt die Föhre,
am Himmel weiße Wölkchen nur;
es ist so still, dass ich sie höre,
die tiefe Stille der Natur.
Rings Sonnenschein auf Wies und Wegen,
die Wipfel stumm, kein Lüftchen wach,
und doch, es klingt, als ström´ein Regen
leis tönend auf das Blätterdach.
Liebe Verwandte, Freunde, Wohltäter und Bekannte,
das stimmungsvolle Gedicht von Theodor Fontane über die Mitte des Tages hat mich daran erinnert, dass auch das Jahr auf seine Mitte zugeht. Der Juni vollendet das erste Halbjahr. Der Mai hat sich kurz nach dem schönen Tag von Christi Himmelfahrt verabschiedet. Die prächtige Natur lockte zahllose Menschen hinaus ins Freie. Familien und Gruppen von Freunden hielt es nicht mehr zu Hause. Sie machten sich auf den Weg, um aus der prangenden Natur Kraft und Freude zu schöpfen.
Am 8. Juni dürfen wir das Hohe Pfingstfest feiern, den 50. Tag nach Ostern. Vor seiner Himmelfahrt hatte Jesus seinen Jüngern versprochen, ihnen die „Kraft aus der Höhe“ zu senden, den Heiligen Geist. Dies geschah dann in den Zeichen von Sturm und Feuer (Apg 2,1-13). Mit dem Heiligen Geist, der Kraft aus der Höhe, tun sich viele schwer. Wir sprechen ohne Weiteres vom himmlischen Vater und von Jesus als Gottes Sohn. Aber der Heilige Geist? Ihm werden die Zeichen von Wind und Sturm zugeordnet, die nicht eingefangen werden können und die man nicht berechnen kann. Den Heiligen Geist erkennt man an dem, was sich ereignet, worüber man staunt, was man kaum erwartet hat, was uns inspiriert. Machen wir uns auf Spurensuche in der Bibel. Beginnen wir mit dem Alten Testament.
Bereits im zweiten Vers der Bibel (1 Mose 1,2) ist vom Gottesgeist die Rede: „Die Erde aber war wüst und wirr, Finsternis lag über der Urflut, und Gottes Geist schwebte über dem Wasser“. Gottes Schöpfergeist bringt aus dem Nichts ETWAS hervor. Er ist die Kraft, die allem Werden bis heute zu Grunde liegt.
Eine Besonderheit des Volkes Israel sind die Propheten. Sie waren von Gott berufen und verkündeten die Worte, die Gott ihnen auftrug. Solche Propheten-Sprüche beginnen immer mit einer Einleitung wie z. B. „So spricht der Herr“ oder „Spruch des Herrn“. Daran erkannten die Zuhörer, dass es sich um Gottesworte und nicht um die Meinung des Propheten handelte.
Machen wir jetzt den Sprung in das Neue Testament. Am geläufigsten ist uns wahrscheinlich die Nennung des Heiligen Geistes bei der Verkündigung an Maria durch den Engel Gabriel: „Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten“ (Lk 1,35).
Der Evangelist Lukas schreibt auch, dass das Kind Jesus nach jüdischen Brauch 40 Tage nach seiner Geburt im Tempel Gott dargebracht wurde. „In Jerusalem lebte damals ein Mann namens Simeon. Er war gerecht und fromm und wartete auf die Rettung Israels, und der Heilige Geist ruhte auf ihm. Vom Heiligen Geist war ihm offenbart worden, er werde den Tod nicht schauen, ehe er den Messias, den Herrn, gesehen habe. Jetzt wurde er vom Heiligen Geist in den Tempel geführt“ (Lk 2,25-27). Der Heilige Geist selbst führt also die Begegnung des greisen Simeon mit dem Messias-Kind herbei.
Werfen wir noch einen Blick auf Jesus, als er am Anfang seines öffentlichen Wirkens stand. Bei der Taufe Jesu im Jordan „öffnete sich der Himmel und der Heilige Geist kam sichtbar in Gestalt einer Taube auf ihn herab“ (Lk 3,22). Und im 4. Kapitel heißt es dann weiter: „Erfüllt vom Heiligen Geist verließ Jesus die Jordangegend. Darauf führte ihn der Geist 40 Tage lang in der Wüste umher“ (Lk 4,1). Und schließlich lesen wir noch: „Jesus kehrte, erfüllt von der Kraft des Geistes, nach Galiläa zurück. Und die Kunde von ihm verbreitete sich in der ganzen Gegend. Er lehrte in den Synagogen und wurde von allen gepriesen“ (Lk 4,14+15).
Dieser Heilige Geist,
der führt und tröstet, der belebt und Mut macht,
der uns aufmerksam sein lässt und ein Gespür für das schenkt, was getan werden soll,
der das richtige Wort eingibt und bei Entscheidungen zu Hilfe kommt,
der unseren Glauben stärkt und den Mund zur Verkündigung öffnet,
dieser selbe Heilige Geist,
der am ersten Pfingstfest über die Jüngerinnen und Jünger ausgegossen wurde,
ist auch uns zugesagt, wenn wir ihn einladen.
Komm, Heiliger Geist!
Mit Worten von Detlev Block beten wir zu Gott:
Das Jahr steht auf der Höhe, die große Waage ruht.
Nun schenk uns deine Nähe und mach die Mitte gut.
Andachtsbrief von Frau Eva Nees